Mi 06. Juli 2022
Das in Wien-Brigittenau ansässige Kühlunternehmen ist eines der größten in Österreich. Und jedenfalls das älteste. Denn schon im Jahr 1898 wurden hier Eisblöcke produziert. Heute besteht das Hauptgeschäft in Tiefkühllagerung. Insgesamt 15.000 Palettenplätze stehen zur Verfügung, um Lebensmittel und Pharmaprodukte bei Minustemperaturen aufzubewahren, ein technisch aufwändiger und streng kontrollierter Vorgang, wie ein Gang durch das Unternehmen verdeutlicht.
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Der Geschäftsführer Mag. Roland Spitzhirn (links) und der technische Betriebsleiter Mst. Andreas Rab (rechts) empfangen uns zum Rundgang. Schon im Vorfeld hieß es: „Bitte warm anziehen!“. Zur Sicherheit bekamen wir zusätzlich gut isolierende Mäntel.

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Im Besprechungsraum dokumentieren historische Erinnerungsstücke die Anfänge des Unternehmens in der Österr.-Ungar. Monarchie. Der genossenschaftliche Grundgedanke, dem der Betrieb seine Gründung verdankt, ist bis heute lebendig.

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Eine prunkvoll gestaltete Ehrentafel verewigt Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte der Frühzeit. Stolz und historisches Bewusstsein prägen das Selbstverständnis der Firma.

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Erste Station: das Maschinenhaus. Das Herz des Unternehmens. Drinnen wird es laut, Ohrenschutz-Tragen ist Pflicht!

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Insgesamt vier Hochleistungskompressoren erzeugen die nötige Kälte von bis zu minus 36 Grad. Als Kältemittel fungiert Ammoniak. Man spürt den Druck fast körperlich im Raum, ein durchdringender hoher Ton macht sich sogar durch die Kopfhörer bemerkbar. Sprechen ist fast unmöglich. Kein behaglicher Aufenthaltsort für Menschen.

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Von hier wird die Kälte in insgesamt fünf Kühlhallen und -häuser geleitet. Sämtliche Rohrleitungen und Ventile sind in Edelstahl ausgeführt. Regelmäßige Wartung und Kontrolle sind selbstverständlich.

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Wir betreten die erste Kühlhalle. Es hat minus 21 Grad. In diesem Kommissionierlager wird die Ware für Kundenaufträge zusammengestellt. Gelagert werden hier vor allem Produkte des Lebensmittelhandels, von Gastronomieketten und Gastro-Familienbetrieben sowie Pharmaprodukte. Alles auf Paletten, aber bisweilen auch einzeln. Die Temperatur wird in allen Lagerräumen alle drei Minuten kontrolliert. Steigt sie über minus 20 Grad geht ein Alarm los.

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Abstecher in den wichtigen Aufzugsraum. Der alte Antriebsmotor der Firma Schindler (früher Wertheim) ist noch immer gut gewartet in Betrieb.

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In dieser riesigen Kühlhalle hat es minus 27 Grad. Die vier- bis fünfstöckigen Hochregale sind bis zur Decke mit verpackten Lebensmitteln wie Fleisch, Speck, Gemüse oder Obst, aber auch mit Blutplasma gefüllt. Die Luft ist trocken, weshalb die Kälte für uns halbwegs erträglich ist. Auch hier gilt: strengste Temperaturkontrolle 24 Stunden am Tag. Das Unternehmen gehört zur lebenswichtigen Infrastruktur.

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Die Regalsteuerung funktioniert vollautomatisch. Notizen werden hingegen ganz traditionell mit Bleistift gemacht. Normale Kugelschreiber funktionieren nicht bei diesen Temperaturen. Rund 30 Mitarbeiter sind insgesamt in der Firma tätig. Der Aufenthalt in den Kühlhalle ist trotz Wärmewäsche nur zeitlich begrenzt erlaubt.

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Auf dem Dachboden lagern neben Tauschpaletten noch so manche historische Objekte, allen voran die Blechformen, in denen einst Wasser zu normierten Eisblöcken gefroren wurden. Nur mehr auf Anfrage werden solche Einzelstücke heute noch – allerdings manuell – angefertigt. Kleinobjekte und diverse Messgeräte finden sich neben Fotos, Urkunden und Schildern ebenfalls im Firmenarchiv.

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Die Auszeichnung als „K. u. K. Hof-Eis-Fabrikant“ prangt würdevoll im Innenhof an einem der historischen Gebäude. Auf das hundertjährige Firmenjubiläum war man 1998 besonders stolz. Heute ist man es auch als ökologischer Vorzeigebetrieb. Man arbeitet klimaneutral, hat eine Energie- und Umweltmanagement-Zertifizierung und auf den Dachflächen eine der größten innerstädtischen Photovoltaik-Anlagen, die jährlich 425 Megawattstunden Energie erzeugt.

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Und noch ein abschließender Seitenblick, der illustriert: Man könnte die Firmengeschichte auch so zusammenfassen: vom Eisblock zum Eislutscher. Denn natürlich wird heute auch Speiseeis in den Kühlhallen gelagert und von hier nach Wien und darüber hinaus geliefert.

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Wir danken den beiden Herren für diese spannende Führung!

Vgl. dazu auch: https://www.technischesmuseum.at/foodprints-zine_krystall-eis_fuer_alle

Text: Peter Payer, Fotos: Sebastian Weissinger